Gruber, Prof. Dr. Karl (GER)

Buch:   Experimente der Fernbewegung

Kapitel: Weitere Aufzeichnungen wissenschaftlich interessierter Sitzungsteilnehmer

Seite 135: „Wenn ich meine Beobachtungen bei Willi Sch. überschaue, so ergibt sich für mich als erstes die Feststellung, daß bei diesem Medium sowohl echte Telekinesen als echte Materialisationen in reicher Fülle vorkamen. Die Telekinesen bestanden z. B. im Verschieben und Erheben kleinerer und größerer Gegenstände wie leuchtende Ringe, Tischglocke, Taschentuch, Tamburin, Strohtischchen, Papierkorb, Eichentisch, schwerer Klavierstuhl u. a. m., ferner im An- und Abstellen einer Spieldose auf Befehl der Teilnehmer. Die Telekinesen erfolgten mit Vorliebe in einem Abstand von 1 m bis 1 m 20 cm vom Medium, doch wurden auch größere und kleinere Entfernungen beobachtet. Die Phänomene zeigten einerseits eine ausgesprochene Eleganz und Sicherheit in der Ausführung der Bewegungen, anderseits manchmal eine sehr bedeutende Kraft. Die Zeitspanne vom Beginn der Trance bis zum Eintritt des ersten Phänomenes war sehr verschieden, manchmal bis zu 3 Stunden, doch folgten dann, wenn die anscheinend öfters vorhandenen Hemmungen überwunden waren, die Phänomene ununterbrochen Schlag auf Schlag. Die Materialisationen bestanden im Sichtbarwerden von mehr oder minder gut ausgebildeten Händen in der Nähe der Rotlichtlampe, dann wieder im plötzlichen Erscheinen mehr amorpher, flächenhafter, grauer Gebilde, endlich im Abzeichnen des Schattens von größeren oder kleineren Händen, pfoten- oder stumpfartigen Bildungen auf einer Leuchtplatte. Auch Berührungen durch Stümpfe oder Hände habe ich in mehreren Sitzungen beobachtet. Von größtem Interesse war jedoch die Feststellung, daß – anscheinend regelmäßig – dem telekinetischen ein Materialisationsprozeß voranging. Sprach schon die Art und Weise, wie die einzelnen Gegenstände durch die Luft geführt wurden, für das Vorhandensein eines materiellen bewegenden Organs, so erhielten wir den Beweis für diese Annahme durch direkte Beobachtungen. Erstens fand sich bei den Experimenten unter Verwendung des Gazekäfigs regelmäßig etwa 75 cm über dem Boden rechts vom Medium in genauer Richtung auf die zu bewegenden Gegenstände eine Erweiterung der Gazemaschen, so, wie wenn ein schmales elastisches, rutenartiges Glied durch die Wand gepreßt worden wäre. Ferner hatte man bei dem Experiment mit der Erhebung des Taschentuches jedesmal deutlich den Eindruck, als sei das Tuch über ein bewegliches handartiges Glied gelegt oder von einem solchen gehalten. Bei der Erhebung des kleinen Tischchens sah man, wie an der Platte des Tischchens zunächst ein leuchtender Ring abgehoben, dann anscheinend über das Ende eines gliedartigen Stumpfes gestülpt wurde, der sich dann unter das Tischchen schob und es in die Höhe stemmte. Dann konnte ich beobachten, wie im Licht der Rotlichtlampe ein dunkelgrünliches kleines handartiges Gebilde einen Leuchtring am Rande des Tischchens abhob, und in den letzten Sitzungen wurden im Lichte der Lampe die verschiedensten telekinetischen Phänomene einwandfrei von einem beweglichen, mit dem Taschentuch bedeckten Gliede erzeugt, wie Heben und Läuten der Glocke, An- und Abstellen der Spieldose usw. Damit ist bewiesen, daß in unserem Falle Telekinese und Materialisation wesensgleich waren, d. h. nur verschiedene Ausdrucksformen für ein und denselben parapsychologischen Grundvorgang darstellten, eine glänzende Bestätigung der früheren Behauptungen Schrenck-Notzing, Ochorowicz, Crawford.

Wenn damit auch das eigentliche Rätsel der Telekinese und Materialisation noch nicht gelöst ist, so erlauben uns die Beobachtungen in den vorzüglich verlaufenen Experimentalsitzungen mit Willi Sch. Ein hypothetisches Bild von dem ganzen Vorgang zu entwerfen. Mir persönlich stellt sich der Prozeß folgendermaßen dar. Dem in Trance befindlichen Medium entströmt aus der rechten Seite ein unsichtbarer, äußerst sensibler und lichtempfindlicher Stoff, ein „fluidale Effloreszenz“, die sich allmählich außerhalb des Körpers des Mediums, mit Vorliebe anscheinend am Boden anlagert. Aus diesem fluidalen Stoff werden nun entweder für die Ausführung der Telekinese oder für Sichtbarmachung bestimmte, unter der psychischen Kontrolle des seinerseits den suggestiven Einflüssen des Zirkels unterliegenden Mediums, teleplastische Endglieder gebildet, die plötzlich auftreten und ebenso rasch wieder verschwinden. In einzelnen Fällen läßt sich auch eine langsame Bildung aus selbstleuchtenden Partien der Effloreszenz verfolgen. Dieser „ideoplastische“ Vorgang ist Tatsache. Sein eigentliches Wesen ist uns noch dunkel, doch haben uns die besprochenen Sitzungen neue Einblicke in die auslösenden und hemmenden Bedingungen verschafft, unter denen sich die Prozesse abspielen. Weitere Untersuchungen in Verfolgung des bewährten eingeschlagenen Weges muß es vorbehalten sein, weiteres Licht in das Dunkel der in Frage stehenden Prozesse zu werfen.“

(Quelle: Experimente der Fernbewegung (Telekinese) – Im psychologischen Institut der Münchner Universität und im Laboratorium des Verfassers, Autor: Dr. med. Albert Freiherr von Schrenck-Notzing, Verlag: Union Deutsche Verlagsgesellschaft Stuttgart / Berlin / Leipzig, 1924)

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