Lebrecht-Thümel, Dr. Olga (GER)

Buch:   Experimente der Fernbewegung

Kapitel: Weitere Aufzeichnung wissenschaftlich interessierter Sitzungsteilnehmer

Seite 151: „Durch die Güte des Dr. Freiherrn v. Schrenck-Notzing war es mir vergönnt, an mehr als 49 experimentellen Sitzungen, die mit dem Medium Willi Sch. In dem privaten Laboratorium des Dr. v. Schrenck, und mehreren, die in den Räumen des Psychologischen Institutes der Universität in München abgehalten wurden, teilnehmen zu dürfen. Über dreizigmal konnte ich selbst die Kontrolle des Mediums während der Experimente übernehmen, so dass ich mit so viel Sicherheit, als ein Experimentator jemals überhaupt in Bezug auf seine eigene Wahrnehmung haben kann, mir ein Urteil auszusprechen getraue.

Bei der Kontrolle gab sich das Medium ganz in die Hände des Kontrolleurs: ich umfasste Willis Handgelenke mit meinen beiden Händen oder nahm seine beiden Hände in die meinigen. Seine beiden Füße wurden von den meinigen entweder eingeklammert oder so an das Stuhlbein gepresst, dass ich ihrer immer sicher war. Der Kopf des Mediums lag entweder auf meinem Schoss oder meiner Schulter. Infolge des durch diese Stellung bewirkten nahen Kontaktes war die Kontrolle dieses Mediums sehr leicht, denn man spürte jedes Zucken, jede leise Regung seines Körpers sofort. Er versuchte auch niemals, mit irgendeinem Gliede der Kontrolle zu entschlüpfen, sondern suchte im Gegenteil kurz vor oder während des Auftretens der Phänomene wie schutz- und hilfesuchend stets möglichst enge Berührung mit dem Kontrollierenden, drängte sich förmlich an ihn, presste z. B. meine Hände manchmal bis zur Schmerzhaftigkeit. Sein Gebaren bewies in jeder Weise, dass ihm der körperliche Kontakt eine Kraftquelle ist; jedenfalls hat er die Kontrolle niemals als Belastung empfunden. Während des Auftretens besonders der telekinetischen Phänomene habe ich immer genau auf die Stellung der Füße geachtet und konnte nie verdächtige Bewegungen derselben konstatieren. Er pflegte die Füße überhaupt nicht zu bewegen. Auch als Graf Klinckowstroem einmal einen Fuß zu bemerken glaubte, war ich sicher, dass die Füße ihren Platz nicht verlassen hatten. Bei der Stellung, die ich einnahm, wäre eine unbeobachtete Bewegung Willis undenkbar gewesen. Es ist ganz besonders interessant, diese Kontrolle ausüben zu dürfen, und zwar nicht nur deswegen, weil es ein sehr eindrucksvolles Erlebnis ist, das Medium quasi in seiner Gefangenschaft zu halten und zugleich am entfernten Ort (1,20 m ungefähr) Gegenstände sich bewegen zu sehen – jedenfalls eine Wirkung zu sehen, die eben tatsächlich mit den natürlichen Organen des Mediums nichts zu tun haben -, sondern speziell deswegen ist es interessant, weil man nur dabei Gelegenheit hat, das Zustandekommen der Phänomene aus nächster Nähe beobachten zu können.

Oft sah ich – wenn ferner sitzende nur das Resultat, also z. B. die Fernbewegung eines Gegenstandes, wahrnehmen konnten – ein fluidales Gebilde aus dem Körper des Mediums austreten, welches die Leistung vollzog. Vielfach aber war dies Gebilde nur als Widerstand fühlbar, wenn es an meinem Arm oder Bein vorüberstrich oder ich aus Versehen daran stieß. Eines Tages sah ich schattenhaft gegen das Licht der Lampe vom Medium aus eine Prolongation sich zum Tisch, der in der Mitte in 1,20 m Entfernung vom Medium stand, hinbewegen, woraufhin Tischbewegungen erfolgten, die von allen wahrgenommen werden konnten. Manchmal sahen diese „Glieder“ hell aus, manchmal dunkel, je nachdem, ob das Licht darauf fiel oder ob man sie gegen das Licht sah. Allerdings schien die Farbe auch im Zusammenhang mit der Dichtigkeit des Gebildes zu stehen.

Die Effloreszenzen pflegten von ganz verschiedenen Körperstellen des Mediums auszugehen. So sah ich vom Hals des Mediums ausgehend einen dunklen Arm sich an meinen Augen vorbei zu Dr. Osborne hin bewegen, der neben mir saß und im selben Moment ausrief, er sei berührt worden. Ein andermal konnte ich sehen, wie aus dem Rücken des Mediums, das seinen Kopf in meinem Schoss liegen hatte, eine Art Arm als eine helle gelbgrünliche Gassäule emporstieg, deren Ende sich zu einer deutlichen Hand verdichtete. Diese Hand wurde winkend von allen wahrgenommen. Meistens schien das Austreten des Fluidums zuerst in diffuser Weise zu erfolgen. Jedenfalls war es vielfach zuerst nur möglich, eine helle Wolke zu sehen, die dann verschwand, wieder erschien, sich verstärkte, wieder verschwand. So ging das Spiel eine Zeit lang her und hin, bis sich eine festere Form konstatieren ließ. Jedoch war die Wolke natürlich schon immer in der betreffenden Körperhöhe des Beins oder Armes oder Halses, wo da Glied sich später bildete, bemerkbar, strömte allerdings zeitweilig in den Raum, besonders zum Vorhang hin aus, stand aber immer in geheimnisvollem Endkontakt mit dem Körper des Mediums. Es schien, als sei das Ausstoßen der Materie der erste Akt, die Formung zum Glied oder Phantom erst der zweite. Berührte man aus Versehen die Körpergegend, die sich zur Austrittsstelle vorbereitete, so erlitt das Medium der reflektorischen Reaktion nach, die nicht simuliert sein konnte, schon – solange noch nichts zu sehen war – einen Schmerz, in Zeichen, dass eine wirkliche organische Umbildung vor sich ging. Das nächste Zeichen war stets von allen Teilnehmern unabhängig voneinander konstatiert „kalter Hauch“, den man als Kontrollierender immer ganz deutlich von einer bestimmten Stelle ausgehen spürte. Von da an wusste man, wo sich das „Glied“ entwickeln würde. Eine sehr beliebte Stelle für die Emanation war, abgesehen von den oben erwähnten, die seitliche Rippenpartie, die anscheinend als Ursprungsort der Effloreszenz die passendste Möglichkeit bot, Leistungen sowohl auf der Erde als auch auf dem Tisch zu vollziehen. Denn es fiel allem Anschein nach einer aus der Hüfte ausgetretenen Effloreszenz stets sehr schwer, sich nach oben zu bewegen, und ebenso hatte das aus der Schulter entspringende Glied Mühe, die Handlungen auf dem Fußboden zu vollziehen.

Bei Willi selbst nahm ich oft den Leistungen des Gliedes parallel gehende Synchrone Bewegungen seiner Extremitäten wahr. Wenn eine Spieldose zum Spielen gebracht wurde (durch die Effloreszenz), so bewegten sich seine Hände rhythmisch hin und her. Wenn sie angehalten werden sollte, hob er gebieterisch die Arme in die Höhe. Wenn er einen an seiner rechten Körperseite befindlichen Tisch heben sollte, legte er seinen Körper weit nach links hinüber, wie um durch Hebelwirkung seinem emanierten Glied die Leistung zu erleichtern. Überhaupt zeigte sein ganzes Verhalten während des Phänomens an, dass sein Organismus sich in höchster Spannung befand, weswegen der Beendigung des Phänomens sofort tiefste Erschlaffung und Abspannung folgte.“

(Quelle: Experimente der Fernbewegung (Telekinese) – Im psychologischen Institut der Münchner Universität und im Laboratorium des Verfassers, Autor: Dr. med. Albert Freiherr von Schrenck-Notzing, Verlag: Union Deutsche Verlagsgesellschaft Stuttgart / Berlin / Leipzig, 1924)

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